Fragt man die Reiterwelt, was eine Parade ist, so tut es jeder, aber kaum einer kann erklären, was er da tut! Um zu verstehen, was eine Parade ist und wie sie funktioniert, müssen wir die vielen kleinen Zustände und Möglichkeiten der Einwirkung richtig anschauen.
Vorwärts in die Hand treiben
Alles wird vorwärtsgeritten, jede Lektion, auch das Rückwärts oder Seitwärts. Aber was bedeutet „vorwärts“? In der klassischen Dressur be-zieht sich „vorwärts“ auf das feine Treiben vom Bein zur Hand. Im heutigen Reitunterricht be-zieht sich der Begriff leider eher auf Kilometer pro Stunde. Man jagt das Pferd um die ganze Bahn vorwärts und nennt das ausdrucksstarke Bewegung. In Wirklichkeit sind es Fliehkräfte, spannige Tritte, meist auf der Vorhand, ohne Hinterhandaktivität, mit verspanntem Rücken.
Stellen Sie sich vor, Sie gehen morgens joggen. Springen Sie hektisch aus dem Bett und in die Klamotten, stürzen aus dem Haus und rennen wie verrückt los, um sinnvoll zu trainieren? Vermutlich nicht. Warum sollte es bei einem Pferd gelingen? Dessen Muskulatur reagiert wie die eines Menschen. Ausschlaggebend für den Erfolg ist das persönlich machbare Tempo. Wenn Sie über Ihrem persönlichen Tempo laufen, verspannt sich der lange Rückenmuskel, Sie bekommen Seiten-stechen, müssen anhalten und verschnaufen. Der Unterschied beim Pferd ist, dass es als Fluchttier auch aus einer körperlichen Situation, in der die Muskulatur verspannt oder übersäuert ist, noch wegläuft. Das Pferd läuft also trotz verspannter (Rücken-)Muskulatur weiter. So möchten wir weder uns noch das Pferd trainieren!
„Das Pferd geht im Schenkel und am Zügel“
Fredy Knie senior
Als ich diesen Ausspruch meines langjährigen Lehrmeisters zum ersten Mal hörte, verstand ich ihn nicht und dachte, er hätte sich verspro-chen. Doch er meinte tatsächlich das lockere Verschmelzen des Schenkels mit dem Pferd. Das Problem heute ist, dass vor allem der sportorientierte Reiter seinen Fokus auf den Ausdruck der Bewegung richtet und nicht auf das sinn-volle Training und die Gymnastizierung des Athleten Pferd. Ein Marathonläufer läuft nicht jeden Tag einen Marathon, ein Leichtathlet springt nicht täglich über 4 Meter, sondern macht Ausgleichssport, trainiert Grundfitness, Kraft, Beweglichkeit, Ausdauer. Vom Pferd wird verlangt, dass es jeden Tag Trabverstärkungen trainiert. Will man ein hohes Haus bauen, ist es wichtig, dass Fundament und Mauern stabil sind und nach und nach aufgebaut werden, bis das Dach aufgesetzt wird. Wer schnell das Dach aufsetzt und sich dann wundert, dass das Haus nicht groß und schön geworden ist, hat die Basis vernachlässigt. Das ist beim Reiten nicht anders. Stimmt die Basis – Grundfitness, Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer –, sind die hohen Lektionen in erreichbarer Nähe.
Die Position des Pferdekopfes
Daran machen viele Reiter ihr Seelenheil fest. Wenn ich aufs Pferd steige, ist es mir am Anfang total unwichtig, wo das Pferd den Kopf hat, zu tief, zu eng, zu offen oder zu hoch. Ich beschäftige mich eher mit allem anderen, und wenn das stimmt, wird der Kopf an der richtigen Stelle sein. Die Kopfposition sagt mir etwas über den Trainingszustand, ist aber nicht das Problem, das es zu beheben gilt. Wir müssen uns fragen, weshalb das Pferd diese Position einnimmt. Statt den Kopf mit den Zügeln manuell manipulieren zu wollen, müssen wir an Kraft und Ausdauer arbeiten!
Die feine, sichere Zügelverbindung
Sie ist wichtig – egal, wo sich der Kopf befindet. Ich muss mich ganz fein vom Pferd mitziehen lassen können, immer in Verbindung mit dessen Maul. Das Pferd muss mit seinem ganzen Kör-per arbeiten, die Bewegung in der Hinterhand er-zeugen und sie dann durch Lende und vorderen Rücken über den Hals bis zum Gebiss durchlas-sen. Durchlässig sein heißt: Ich will die Tritte der Hinterhand in meiner Hand spüren!
Reiter und Pferd holen sich Sicherheit aus der elastischen Verbindung zur Hand. Ein Reiter sollte sich nie am Zügel festhalten, und doch passiert es leider häufig, um Sicherheit zu finden. Dies sollte natürlich kein Festhalten sein. Doch im Grunde gibt die Zügelverbindung Sicherheit, gerade dem jungen Pferd. Wichtig ist, dass die Zügelverbindung berechenbar und ganz fein ist. Wenn Sie jemand an die Hand nimmt und Sie sanft, liebevoll und bestimmt führt, gehen Sie gern mit und haben Vertrauen. Das ist beim Pferd nicht anders.
Es gibt drei Arten des Händedrucks: Jemand presst Ihnen die Hand zusammen, dass es schmerzt; jemand gibt Ihnen eine feuchtwarme, lasche Hand. Oder Sie fühlen einen trockenen, angenehmen Händedruck, nicht zu fest und nicht zu weich. Welcher Händedruck ist am angenehmsten? Wohl der dritte. Für die Verbindung zum Pferdemaul gilt dasselbe: Weder festes Ziehen noch eine zu labberige Zügel-verbindung sind angenehm, berechenbar und schaffen Vertrauen! Die Verbindung sollte elastisch, gleichmäßig und bestimmt sein.
Auch Pferde, die sich durch äußere Einflüsse ablenken und stressen lassen, genießen eine fein erarbeitete Anlehnung an die Zügelhand und lassen sich davon in die Sicherheit und die Konzentration lenken. Die Verbindung zwischen Reiterhand, Schenkel und Gebiss ist etwas Meditatives und sollte auch ein bisschen so zelebriert werden.
Leicht treiben statt kämpfen
Damit kann ich alles korrigieren, denn mit dem Schenkel spreche ich Hinterhand und Bauch-muskulatur an. Aktiviert und spannt sich diese, hebt sich der Pferderücken, das Pferd lässt sich in die Anlehnung fallen.
Schicken wir einen wellenartigen, ruhigen Druck mit dem Bein durchs Pferd bis zum Maul und spüren dieses Treiben, diese Wellen immer wieder in der Hand, beginnt das Pferd zu kauen, zu nicken und lässt sich meist auch schon beim ersten Mal in die Anlehnung fallen. Ein tolles Gefühl! Gelingt das nicht, muss man geduldig und diszipliniert nicht stärker einwirken, sondern die Hilfen ruhig und wellenartig wiederholen. Mehr Einwirkung hilft nicht mehr, sondern stört, stresst und verkrampft.
Auch das Maß der Zügelverbindung ist entscheidend. Ist die Verbindung zu fest, geht das Pferd dagegen. Es wird sich nicht anlehnen, sondern seine Energie gegen den Druck am Zügel verwenden − also gegen mich kämpfen. Ist die Zügelverbindung zu locker, hat das Pferd kein Ziel, gegen das es sich dehnen kann.
Ohne gleichmäßige Zügelverbindung hat das Pferd keinen Gegendruck, in den es sich fallen lassen kann. Das ist das Spezielle am Reiten. Das Pferd will eine Verbindung, es läuft gegen den Druck, sofern er nicht eckig und fest ist, sondern weich und elastisch. Das Pferd zieht die Reiterhand leicht mit. Viele Reiter lassen den Zügel los, wenn sich das Pferd gut anfühlt, um es zu loben. Das ist kein Lob, sondern das Pferd verliert Stabilität, Rahmen und Sicher-heit. Weiches Entspannen ohne loszulassen ist das bessere Lob.
Um zu testen, was die richtige Verbindung ist, vibrieren Sie mit einem Zügel. Fühlen Sie diese Vibration eins zu eins in Ihrer anderen Hand, ist die Verbindung perfekt. Denn Ihr Vibrieren geht von der linken Hand durch den Zügel, durch die Trense, durchs Maul in den anderen Zügel in Ihre rechte Hand und umgekehrt.
Ist die Verbindung zu fest, hängt die Trense an der Unterkieferlade und im Mundwinkel, und das Vibrieren der Hand wird nicht übertragen. Ist die Verbindung zu locker, wird das Vibrieren der Hand zwar auf den Zügel übertragen. Aber ohne Spannung schluckt dieser die Vibration und überträgt sie nicht auf Trense, Maul und gegenseitigen Zügel.
Vergessen Sie nie, dass Ihre beiden Hände durch das Pferdemaul verbunden sind und perfekt zusammenspielen sollten.
Paraden wie am Gummiband
Wichtigste Regel in der Reiterei: Das Pferd stößt sich an der Hand ab oder geht willig weich durch die Anlehnung hindurch und wird nicht durch die Hand zurückgezogen oder blockiert.
Eine korrekt vorwärtsgerittene, aufnehmende Parade fühlt sich an, als ob wir das Pferd in ein quer gespanntes Gummiband reiten, das Energie aufnimmt und wieder entlädt: Das Pferd läuft gegen das Gummiband, das Gummiband spannt sich immer mehr, bis das Pferd nicht mehr weiter nach vorn gehen kann: Dann schiebt das gespannte Gummiband das Pferd zurück.
Die Hilfen sind dabei wie ein liegendes U: Das Pferd geht hinein und kann nur rückwärts wieder heraus. Genau so treibt man zum Beispiel vom Trab in den Schritt und per ganzer Parade ins Halten. Erhält man die kleine Gegenspannung durch feines Gegen-die-Hand-Treiben aufrecht, kommt man ins Rückwärtsrichten. Es ist immer das gleiche Gefühl, das man mit Treiben erzeugt.
Stellen Sie sich vor, das Pferd sei eine Ziehharmonika mit einer Sprungfeder von hinten nach vorn. Indem Sie fein gegen die Hand treiben, wird die Ziehharmonika zusammengeschoben, und die Sprungfeder spannt sich. Diese Spannung fühlen Sie leicht als Zug in der Hand und auch im ganzen Pferdekörper. Eine positive Spannung, eine lockere Stabilität, vergleichbar mit der Körperspannung einer Balletttänzerin, die schwere-los und mühelos zu tanzen scheint. So soll sich das Pferd unter dem Reiter bewegen. Dieses Ge-fühl, viele Hundert Kilos in Leichtigkeit unter sich versammelt zu spüren, ist magisch!
Unser Sitz bleibt balanciert, ganz leicht vorlastig, sodass wir spüren, wie durch leichtes Aufrichten bei minimaler Vorlast mehr Druck auf den Bügel kommt. Der Sitz muss im Gleich-gewicht sein und das Pferd nicht stören. Stellen Sie sich vor, die Balletttänzerin hätte einen Piloten auf dem Rücken. Wenn der klammert, drückt und zieht, wird sie kaum so schön tanzen können, als wenn er aus der Balance heraus feine Verständigungssignale gibt.
Im Moment des Durchparierens atmen wir tief, aber langsam durch die Nase ein. So atmen wir mehr in den Brustkorb ein, was uns in die richtige Körperspannung bringt. Und die daraus resultierende Beckenposition stabilisiert den Reiter für das Parieren des Pferdes. Beim Anreiten würde man langsam durch den Mund ausatmen.
Auf keinen Fall rücklastig mit dem Kreuz ein-wirken und am Zügel ziehen! Das würde das Pferd zwar durchparieren, aber es drückt den Rücken weg und hebt sich aus der Anlehnung, weil wir seinen Move abwürgen. Natürlich hält das Pferd an oder wird langsamer, aber es fällt auseinander. Und es gibt Pferde, die gegen den Druck angehen, den Rücken wegdrücken und sich nach vorn entziehen, statt anzuhalten. Was zur Folge hat, dass der Reiter noch mehr zieht und noch mehr mit dem Kreuz nach hinten einwirkt.
Erst wenn wir das Pferd absolut vor den Hilfen haben und das Pferd über eine sehr gute Oberspannung bei gut gesetzter Hinterhand verfügt, setzen wir in den rückwärtswirkenden Paraden etwas Kreuz ein – ein scharfes Messer, das sehr gefühlvoll geführt werden will.
„Die Hand fängt nur auf, hält niemals zurück, denn haushoch, nein, ich verbessere mich, turmhoch über den verhaltenden Hilfen stehen die treibenden Hilfen“
Egon von Neindorff
Wir Mensch sind handgesteuert. Wollen wir etwas nicht verlieren, halten wir es fest; lö-sen wir uns von etwas, lassen wir los. Wir geben Gas, wenn wir schneller sein wollen, und bremsen oft per Handbremse. Nun steigen wir aufs Pferd und alles ist anders! Ist das Pferd zu schnell, sollen wir loslassen. Ziehen wir am Zügel, wird es schneller. Ein Effekt, den wir uns in der Trabverstärkung zunutze machen.
Es bedarf auch von einem geübten Reiter bewussten Handelns, um zum Bremsen nicht zu ziehen. Vom ungeübten Reiter braucht es da-für viel Mut. Ich merke immer wieder, wie tief einprogrammiert diese Abläufe sind. Es bedarf vieler Wiederholungen und Selbstdisziplin, das aufzulösen. Und es braucht Mut, nicht auf Zuschauerkommentare zu hören, sondern auf die innersten Abläufe zwischen Reiter und Pferd. Man muss sich vom Gedanken lösen, ein Pferd in Form zu ziehen. Auch wenn ich einen Hilfs-zügel verwende, bedeutet das nicht, dass ich den Kopf in die Position schnüre, in der ich ihn haben will. Vielmehr wird die Länge des Hilfs-zügels so gewählt, dass das Pferd ihn gerade er-reicht und sich daran dehnen kann.
Wenn Sie sich das Pferd noch einmal als Ziehharmonika mit Sprungfeder vorstellen, dann treiben Sie das Pferd immer mit dem Bein zur Hand. So erhalten Sie Druck und Zug in die Hand, und das Pferd (die Ziehharmonika) schiebt sich etwas zusammen. Die Sprungfeder wird auch etwas zusammengeschoben, und das spüren Sie als Druck, als Zug im Zügel. Wenn Sie das Ganze umdrehen und vorn ziehen, statt hinten zu treiben, kann keine Versammlung, kein Schub aus der Hinterhand und keine positive Spannung entstehen.
Pferde durch die Hand treiben
Dabei ergibt sich das Vorwärts mit feinem Zug zur Hand, der durch den Pferdekörper geht − bis zur absolut momentan möglichen Dehnung. Nur solange das Pferd leichten Zug am Maul spürt, wird es sich gegen den Zügel dehnen und vorwärts-abwärts arbeiten. Unter-bricht die Verbindung am Zügel, hebt das Pferd sich wieder heraus. Abholen in der Anlehnung muss der Reiter das Pferd im Zügelmaß dort, wo es sich abholen lässt.
Grundregel: Ein junges Pferd reitet man vom kurzen Zügel zum langen. Weil es noch nicht gut ausbalanciert ist und Mühe hat, sich selbst zu tragen, geschweige denn den Reiter auszubalancieren, braucht es einen klaren, feinen Rahmen, in dem es sich bewegen kann.
Unser Streben ist es, das Pferd durch feines Treiben im Hals und Kopf mehr nach vorn und rund durchs Genick zu arbeiten. Der Reiter bestimmt mit treibenden Einwirkungen am Bein und fein ziehendem Kontakt zum Zügel das Maß der Dehnung des Pferdes. Mehr Zug bedeutet mehr vorwärts und mehr Aufrichtung. Mehr Nachgeben bedeutet, dass es im Tempo eher zurückkommt und sich in Hals und Kopf mehr fallen lässt. Gegen die Hand treiben und warten, innehalten statt ziehen zum Versammeln, zurücknehmen und letztlich durch-parieren …
Diese reiterliche Einwirkung entspricht so gar nicht unserer Natur, ist aber die wichtigste. Denn das Entwickeln der Versammlung, also der Tragkraft, ist der wichtigste Ausbildungs-schritt. Die ganze Skala spitzt sich darauf zu. Es ist richtig, dass ein Pferd durch erhöhten Zug am Maul durchpariert wird beziehungsweise im Körper verkürzt und in der Hinterhand mehr gesetzt wird. Aber dieser Zug wird nicht durchziehende Hand erreicht. Vielmehr erhöht sich der Druck am Zügel, wenn der Reiter mit dem Bein mehr und ruhig treibt. Das Pferd pariert sich selbst – vom Galopp zum Trab, vom Trab zum Schritt, vom Schritt zum Halten.
Möchte der Reiter wieder vorwärts reiten, entspannt er die Beine, treibt also nicht mehr. Somit baut sich in der Zügelanlehnung Druck etwas ab, ohne dass die Verbindung verloren geht, und das Pferd tritt wieder nach vorn. Jetzt reiten wir mit leichtem Treiben durch die Hand nach vorn, indem wir dem in der Hand ankommenden Gegendruck nachgeben, ohne die Grundverbindung zu verlieren.
Oder wir treiben leicht mit dem Bein nach vorn und geben dem Gegendruck in der Hand nicht nach, sondern behalten ihn in der Hand: Das Pferd stößt sich am Zügel ab und geht ei-nige Tritte zurück. So entsteht die Schaukel − das gleichmäßige, flüssige Vorwärts- und Rückwärtsreiten ohne Stocken und ohne Unterbrechung. Und so entsteht die vorwärts-gerittene Parade: Haltung und Spannung − und doch nur die Tür öffnen, statt das Pferd hindurchzuquetschen.
Angeritten wird so: Wir richten uns auf und beugen uns leicht nach vorn, bekommen spür-bar mehr Druck in den Steigbügel, entlasten den Sattel hinten etwas und haben die Schenkel mehr am Pferd, ohne zu klemmen. Einwirkung und Körperspannung sind so, als wollten wir mit einem Einrad vorwärts losfahren. Sollte das Pferd dieser Aufforderung nicht nachkommen, werden nicht Spannung und Druck am Bein erhöht, sondern das Pferd mit der Gerte nach vorn touchiert. Bitte nur touchieren und nicht emotional vorwärtsschlagen!
Meines Lehrmeister Freddy Knie Senior war immer wichtig, dass man ein Pferd nur touchierte, niemals schlug. Dies war ungeschriebenes Gesetz im Schweizer Nationalzirkus Knie. In einem von Mut und Leichtsinn gepaarten Moment, in dem ich nicht mehr weiterwusste, erwiderte ich ihm: „Aber was soll ich denn tun, wenn touchieren nicht hilft und nicht reicht?“ –
„Herr Becker“, sagte er frech grinsend in seiner unnachahmlichen Art, „dann müssen Sie mehr touchieren, aber nicht schlagen!“
Wenn Sie Ihr Pferd touchieren, dabei auch mal deutlicher werden müssen und es Ihnen danach besser geht, sind Sie auf dem falschen Weg. Sie sollten das Touchieren absolut emotionslos, so bestimmt und lange wie nötig, aber so wenig wie möglich einsetzen. Wenn Sie nur ein bisschen touchieren und aufhören, bevor das Pferd die von Ihnen gewünschte Reaktion zeigt, nehmen Sie dem Pferd die Chance zu begreifen, was Sie von ihm möchten. Andererseits erziehen Sie Ihr Pferd dazu, Sie zu ignorieren.
Richtiges Touchieren erfordert viel Konsequenz und Gefühl für den richtigen Moment und den Bewegungsablauf. Man muss sich sehr bewusst sein, was man damit erreichen möchte, und im richtigen Moment wieder aufhören. Nur so erzielt man einen Lerneffekt beim Pferd und hält es motiviert. Man sollte dieses Hilfsmittel immer gerecht und innerhalb der Möglichkeiten des Pferdes einsetzen. Es macht keinen Sinn, ein Pferd so lange zu touchieren, bis es piaffiert, wenn es noch gar nicht piaffieren kann.
Die Parade innerhalb des Gangs
Sie bringt Kadenz und Ausdruck, lockere Stabilität und Flexibilität. Hier zahlt sich die konse-quente Mühe in der Kommunikation zwischen Bein und Hand aus und macht Spaß. Stellen Sie sich vor, Ihr Pferd läuft locker nach vorn, Sie schließen etwas das Bein und fühlen eine leichte Erhöhung des Zügelzugs, das Pferd kommt zurück und wird langsamer. Nun öff nen Sie das Bein wieder, der Zügelzug verringert sich etwas, und Ihr Pferd geht wieder mehr nach vorn.
Paraden zwischen den Gangarten
Das Prinzip der Schaukel macht den Punktgehorsam mit versammelndem Effekt und verstärkender Energie. Für behäbige oder schlecht konditionierte Pferde wirkt das Schaukeln zwischen den Grundgangarten Wunder für Motivation und Lauffreude
Genau diese Pferde werden oft missverstanden: Der Reiter interpretiert fehlende Lauffreude als persönlichen Angriff und wertet sie als Ignoranz. Er versucht, das Pferd in hohem Tempo durch die Halle zu jagen und wirkt bis unter die Zähne bewaffnet mit Kraft ein. Er holt sich Sporen, zieht die Absätze hoch, um noch besser treiben zu können. Das Pferd verspannt, hält oft die Luft an und geht noch weniger nach vorn. Dies ist kein sinnvolles Gymnastizieren und Trainieren. Und Sporen sind nicht zum Treiben, sondern zum Bremsen da! Aber dazu mehr in meinem Buch …